Das Huhn in der Kleintierpraxis

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Das Huhn in der Kleintierpraxis

Die Hobbyhaltung von Hühnern wird immer populärer. Privatpersonen, die Kleinsthaltungen für die eigenen frischen Eier führen, oder Einrichtungen wie Altenheime oder Gnadenhöfe benötigen immer öfter eine Praxis für ihre gefiederten Haustiere. So finden sich immer mehr Kleintierärzte in ihrer Sprechstunde mit den gefiederten Patienten konfrontiert. Gegenüber stehen nicht selten Patientenbesitzer, die wenig theoretische und praktische Erfahrung mit Hühnern haben. Damit Sie diese Herausforderung meistern, haben wir hier für Sie einige Tipps zusammengestellt.

 

Das Problem der Hühnerhalter

Wie bei jedem Haustier muss auch bei den eigenen Hühnern die medizinische Versorgung sichergestellt werden. Besitzer finden sich dann in der Situation wieder, einen Tierarzt finden zu müssen. Während das Huhn für viele Kleintierpraxen ein außergewöhnlicher Patient ist, sind die Spezialisten, die mitunter riesige Wirtschaftsgeflügelhaltungen mit mehreren 1000 Tieren betreuen, nicht für Privatpersonen zuständig.

 

Der erste Besuch

Im besten Falle informieren sich Hühnerhalter in Spe im Vorhinein über die Fütterung, Haltung und medizinische Versorgung Ihrer neuen Haustiere. Dessen ungeachtet sollte man Haltungs- und Fütterungsfehler stets ganz oben auf die Liste möglicher Ursachen setzen, wenn neue Besitzer zum ersten Mal mit ihrem Huhn zu Ihnen kommen.

Veränderungen der Mauser, kleine oder ausbleibende Eier können Anzeichen von Wasser- und/ oder Proteinmangel sein. Die Art der Tränken ist hierbei zu beachten, da Hühner Wasser schöpfen können müssen. Mängel an Spurenelementen können sich wiederum auf sehr unterschiedliche Arten und Weisen darstellen. Ein fälschlicherweise als Fehlverhalten beschriebenes Problem, könnte aufgrund von Natrium-Mangel ausgelöst sein. Dieser Mangel führt mitunter zu Aggressivität und Nervosität. Veränderte oder brüchige Eierschalen sind möglicherweise die Folgen eines Calcium-Mangels. Unterschiedliche Mängel sind nicht selten zurückzuführen auf die Fütterung von Essensresten oder zu einseitiger Fütterung sowie die Fütterung an nur einer Futterstelle.

Hühner sollten mindestens paarweise - bzw. in kleinen Gruppen - gehalten werden. Es ist darauf zu achten, die natürlichen Bedürfnisse der Hühner zu wahren. Wassergeflügel benötigt ausreichend Bademöglichkeiten. Außerdem ist auf genügend Abdeckung des Geheges zu achten, sodass sich die Bewohner wohlfühlen können.

 

Häufige Befunde freilaufender Hühner

Am schönsten findet die Familie es natürlich, die eigenen Hühner durch den Garten laufen zu sehen, statt sie im Stall zu lassen. Durch den Naturboden häufen sich mitunter parasitäre und bakterielle Infektionen. Wichtig sind hierbei regelmäßige Sammelkotproben und ein angemessenes Entwurmungsregime. Ein häufig auftretender Ektoparasit ist die rote Vogelmilbe. Auf dem deutschen Markt gibt es inzwischen wirksame für Hühner zugelassene Präparate zur Behandlung.

Nicht infektiös, aber ebenfalls häufig bei frei laufenden Tieren sind Fremdkörper-Obstipationen des oberen Verdauungstraktes. Werden Holzspäne der Einstreu oder langfaserige Pflanzenteile im Garten aufgepickt, kann es schnell zu einer Verstopfung kommen. Das Huhn wird dann mit einem weichen oder harten Kropf vorgestellt, aus dem man durch Massagen oder mithilfe von Instrumenten den Fremdkörper entfernen kann. Ist dies nicht möglich, muss der Kropf mithilfe eines Kropfschnittes invasiv ausgeräumt werden.

 

Verletzungen

Während Hühner nicht einzeln gehalten werden sollten, bringt eine nicht adäquat gemanagte  Gruppenhaltung Risiken mit sich. Sind die Tiere gelangweilt oder gestresst können sie Unarten entwickeln, die von weiteren Tieren des Bestands relativ schnell imitiert werden. Durch Federpicken-Kannibalismus fügen sich die Hühner untereinander erhebliche Wunden zu. Bei der Freilandhaltung ist es außerdem wichtig, dass Gehege gegen Prädatoren gesichert sind. Mader- oder Habichtangriffe sind eine ernstzunehmende Gefahr.

Unerwartete Konfrontationen der Hühner mit erheblichen Stressoren, wie Autos oder Hunden, und die darauf folgenden Panikreaktionen können schnell zu Frakturen der Gliedmaßen führen. Meist können diese Brüche konservativ behandelt werden. Im Zweifelsfall kann eine Marknagelung die Fixierung sichern.

 

Die Eier

Veränderungen der Eier selbst oder aber Veränderungen der Legeleistung sind wichtige und hilfreiche Symptome in der Diagnostik von Hühnern. Nicht nervös werden sollte man bei einer abnehmenden Legeleistung im Herbst oder während der Mauser. Diese ist völlig normal. Auch kleine Blutkoagula auf Eidottern sind nicht bedenklich. Während Besitzer sich sorgen mögen, stammen diese von zufälligen Blutungen bei der Ovulation.

Schalenveränderungen der Eier sind häufig auf Fütterungs- oder Haltungsfehler zurückzuführen, können allerdings auch von Infektionen stammen. Instabile raue Eipole können ein Hinweis auf eine Mykoplasmose sein, faltige entfärbte Eier weisen gegebenenfalls auf eine Infektiöse Bronchitis (IB) hin. Hierzu gibt es medizinische Bildbände, die bei der Diagnosefindung sehr hilfreich sein können.

 

Autor: Dr. med. vet. Sabrina Thomeczek

 

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